Millionen von Bundesbürgern sind an der Leber erkrankt: laut WHO (1999) sind 3,5 Millionen Mitbürger betroffen. Selbsthilfegruppen und Patientenorganisationen gehen von einer weitaus höheren Anzahl aus. Die Ursachen sind sehr unterschiedlich und gehen nur etwa in der Hälfte der Fälle auf Alkohol zurück. Andere Ursachen sind chronische Virushepatitis B oder C, Übergewicht, Stoffwechsel- und Autoimmunerkrankungen und toxische Krankheiten durch Medikamente und Umweltgifte.
So viele Patienten es gibt, so wenig weiß die Allgemeinbevölkerung über Lebererkrankungen. Doch nicht nur die Öffentlichkeit ist oft schlecht informiert. Zwar gibt es viele vorbildhafte Hausärzte und Mitarbeiter von Gesundheitsämtern, Versorgungsämtern oder der Bundesärztekammer – aber auch hier sind nicht immer alle Beteiligten in dem Maß über Lebererkrankungen informiert, wie man es sich wünschen würde.
Viele Leberkranke werden ausgegrenzt und sehen sich mit Vorurteilen konfrontiert: Entweder wird automatisch ein Alkohol- oder Drogenproblem unterstellt, oder die Erkrankung wird zur hochansteckenden, alles überrollenden Seuche hochstilisiert. So bekam eine Patientin mit Hepatitis C – einer Erkrankung, die praktisch nur über den direkten Kontakt von Blut zu Blut übertragen wird – von einem Mitarbeiter der Bundesärztekammer zu hören, sie sei eine „öffentliche Gefahr.“ Schlecht recherchierte Sensationsmeldungen in der Presse, die entweder auf falsch wiedergegebenen Studien aufbauen („Hepatitis C durch Küssen“) oder uninformierte Prominente zitieren (Pamela Anderson: „Ich habe nur noch fünf bis zehn Jahre zu leben“), tragen ebenfalls zur allgemeinen Hysterie und Stigmatisierung von Betroffenen bei.
Doch das Stigma der Lebererkrankungen ist nur ein Teilproblem; denn Unwissenheit kann auch tödliche Folgen haben. So werden viele chronische Lebererkrankungen erst spät erkannt und können dann ernste Spätfolgen wie Zirrhose und Leberkrebs haben. Tückisch an vielen Lebererkrankungen ist, dass die Symptome eher unspezifisch sind und nicht eindeutig in Richtung Leber weisen: Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Völlegefühl im Oberbauch und depressive Verstimmungen können auch auf andere Ursachen hinweisen. Ein weiteres Problem ist, dass erhöhte Leberwerte bei Hausärzten oft als Kavaliersdelikt gesehen werden und weitere Untersuchungen ausbleiben. Meist bleibt es bei der Empfehlung „Lassen Sie mal den Alkohol weg, dann wird das schon wieder“ – Patienten mit anderen Erkrankungen haben oft eine jahrelange Odyssee von Arzt zu Arzt hinter sich, bis ihre Erkrankung diagnostiziert wird.
Ein weiteres Problem ist die Impfmüdigkeit, die immer weiter um sich greift: Denn die Hepatitis B ließe sich in Deutschland ausrotten, wenn mehr Leute gegen diese Hepatitis-Form geimpft wären. Zwar wird eine akute Hepatitis B in den meisten Fällen vom Körper erfolgreich bekämpft; wenn sie aber länger als sechs Monate andauert, wird sie chronisch. Für etwa ein Drittel der chronischen Hepatitis-B-Träger drohen Spätfolgen wie Zirrhose und Leberkrebs.
Die ausbleibende Prävention, das Verschleppen von Diagnosen und geeigneten Therapien ist nicht nur eine menschliche Tragödie für die Betroffenen, sondern auch eine gewaltige Belastung für die Wirtschaft. In den nächsten 10-20 Jahren rechnet man mit einer Kostenexplosion im Gesundheitssystem, wenn Patienten mit Spätfolgen behandelt werden müssen. So übersteigen z.B. die Kosten einer Lebertransplantation die Kosten einer frühzeitigen Therapie mit Medikamenten um ein Vielfaches.
Gerade im Frühstadium sind viele Lebererkrankungen gut behandelbar. Fakt ist auch: Viele Hepatitis-Erkrankungen sind inzwischen heilbar oder zumindest kontrollierbar geworden.
So kann eine chronische Hepatitis C inzwischen in etwa der Hälfte aller Fälle durch eine Therapie mit Peg-Interferon und Ribavirin eliminiert werden. Bei einer chronischen Hepatitis B stehen inzwischen drei verschiedene Therapien zur Verfügung (Interferon, Lamivudin und Adefovir), mit denen man die Erkrankung in Schach halten kann.
Auch gibt es inzwischen ein funktionierendes Netzwerk von Ärzten und Patientenorganisationen: So arbeitet das staatlich geförderte Kompetenznetz-Hepatitis Hand in Hand mit dem Verband BAG Leber e.V., in dem Patientenorganisationen und Selbsthilfegruppen vertreten sind.
Der 5. Deutsche Lebertag verfolgt mehrere Ziele. Er soll:
Auch Sie, die diese Zeilen gelesen haben, möchten wir auffordern, sich unserer Sache anzuschließen. Helfen Sie mit, dass Lebererkrankungen zukünftig ohne Vorurteile und mit mehr Wissen in den Mittelpunkt öffentlichen Interesses rücken.